Gepfefferte Ungarn-Sause mit fabelhaftem Solisten
von Arndt Zinkant, Westfälische Nachrichten, 18. Januar 2018
„Collegium musicum“ und Guido Schiefen im H1
Der Rezensent kann sich an viele gute Konzerte des „Collegium musicum“ in den letzten 20 Jahren erinnern – aber nicht an ein so exzellentes Beim Semesterabschlusskonzert präsentierte sich die studentische Truppe in absoluter Höchstform. Gleich beim ersten Stückj, der ersten Ungarischen Rhapsodie von Liszt, vergaß man stellenweise. dass „nur“ ein Laien-Orchester am Werke war.
Damit nicht genug: Das Programm rund um das Thema Ungarn war gut durchdacht, unterhaltsam und kenntnisreich präsentiert – und bot mit Cellist Guido Schiefen einen fabelhaften Solisten, über den jeder GMD glücklich gewesen wäre. Dirigent Jürgen Tiedemann war es natürlich auch. Nach der ersten gemeinsamen Verbeugung überließ er dem Cello-Professor aus Luzern immer wieder Applaus und Podium allein.
Kein Wunder nach einem solchen Haydn-Konzert. Dessen erstes Cello-Konzert (1961 erst dem Archiv dem Vergessen entrissen!) spielte Schiefen mit Präzision und Wonne auswendig. Was sofort einnahm, war die Verbindung aus sensibler Bogenführung und druckvollem Vibrato. Ein satter und doch klassizistischer Ton, der Haydns Fantasie übersprudelnd nachzeichnete und bei aller Virtuosität nie neckisch klang. Da zogen Tiedemann und sein Orchester hingerissen mit und lieferten seidig abgetöntes Akkordfutter als Passepartout. Bravo.
Da Joseph Haydn 30 Jahre in Diensten auf Schloss Esterházy in Ungarn war, wurde er umstandslos dem Motto des Konzerts zugeschlagen. Ungarisch klangen aber nur die Stücke von Liszt, Brahms (die Zugabe) und Zoltán Kodály – und auch hier legte Posaunist Stephan Schulze in seiner Einführung Wert auf den Unterschied: Nur die ambitionierten „Volksmusik-Forscher“ Kodály oder Bartók hätten ihre Musik aus authentischer Quelle geschüpft. Dass Franz Liszt eher auf Csardas-selige Klischees setzte, tat dem Vergnügen natürlich keinen Abbruch.
Apropos Vergnügen: Das gab es im letzten Teil des Abends bei Kodály reichlich. Denn sein Held „Háry János“ (der laut Schulze eine Mischung aus Münchhausen und dem „braven Soldaten Schwekj“ ist) wurde vom Klassik-Radiomoderator Christian Schruff als Erzähler humorig dargestellt. Das Publikum grinste über die dreisten Husarenstücke, die dieser Soldat Háry zum Besten gab. Dass er in Wien die Kaisertochter eroberte oder Napoleon ganz allein bezwang, mag historisch fragwürdig sein – musikalisch war diese gepfefferte Ungarn-Sause allemal ein Riesenspaß.