Collegium musicum mit Solo-Tubist – Schwergewicht kann geschmeidig klingen

von Arndt Zinkant, Westfälische Nachrichten, 26. Januar 2019

Meist sitzt sie hinten rechts in der Orchester-Ecke und hat wenig zu melden: die Tuba – jenes behäbige, goldene Schwergewicht der Blechbläsergruppe, das vorzugsweise den Sound der Hörner oder Trompeten bassig unterfüttern muss. Aber nicht an diesem Abend! Denn das Collegium musicum hatte nicht nur mit dem f-Moll-Opus von Ralph Vaughan Williams das Tubakonzert schlechthin aufs Programm gesetzt – es hatte mit Constantin Hartwig zudem einen der Top-Tubisten Deutschlands nach Münster geholt.
 
Diese Rarität allein hätte das Konzert gelohnt. Aber das „Collmus“ und sein Dirigent Jürgen Tiedemann wollten mehr. Und schafften es auch: Wie Ludwig van Beethovens legendäre Siebte den großen Hörsaal zum Vibrieren brachte, war eine fulminante Leistung, die für ein studentisches Orchester alles andere als selbstverständlich ist. 
 
Zunächst Vaughan Williams: Die Tuba, so machte der 27-jährige Meister Hartwig dem verblüfften Ohr klar, kann geschmeidig und zart klingen. Dann aber auch mit bäriger Wucht Fortissimi ausstoßen, wie man es von ihr erwartet. Zum typischen Vaughan-Williams-Sound passte das genau. Im Allegro-Kopfsatz hüpfte die Tuba leichtfüßig im Orchester-Staccato mit – um dann in einer pastell-zarten Romanza in jene Melange aus altenglischem Volkston und Impressionismus einzutauchen, die Vaughan-Williams-Fans so lieben.
 
Was Beethovens (wohl meistgespielte) siebte Symphonie angeht, so wählten Tiedemann und das Orchester schneidige, im tänzerisch mitreißenden Finale geradezu furiose Tempi, die staunen machten. Und im legendären Allegretto-Satz konnten selbst kleine Intonationsschleifer die Magie dieser Musik nicht mindern. Chapeau! Das Konzert war von der geheimnisvollen Einleitung· eigenen Geburtswehen und zu Haydns Oratorium „Die Schöpfung“ eröffnet worden. Hier malte der Komponist raffiniert das Chaos vor der Schöpfung in einer c-Moll-Ursuppe, die hier ein wenig bemüht zum „Brexit-Chaos“ umgedeutet wurde. Moderator Stephan Schulze versuchte, den reiselustigen Haydn, den freiheitsliebenden Napoleon-Feind Beethoven und den exzentrischen Briten Vaughan Williams zu einem Plädoyer kontra Brexit zusammenzuschmieden. Was nicht so recht gelang. Jede Epoche hat eben ihre eigenen Geburtswehen und Wachstumsschmerzen.