Wunderbares Spektakel

von Chr. Schulte im Walde, Westfälische Nachrichten, 11. Juni 2008

Rechts die Engländer, links die Franzosen, reichlich Munition auf beiden Seiten – und als die Lunte erst einmal zu glimmen begann, ging das Getöse los. Kanonenböller, Säbelrasseln und, und, und. Mittendrin eisern und standhaft Feldherr Jürgen Tiedemann, der allerdings nie zwischen die Fronten geriet, sondern das ganze Getümmel „nur“ organisierte. Bis zum bitteren Ende, da Napoleons Truppen vernichtet waren und sie sich den Briten geschlagen geben mussten.

Ludwig van Beethoven hat aus diesem martialischen Ereignis von 1813 ein musikalisches Gemälde gemacht: „Wellingtons Sieg oder die Schlacht bei Vittoria“. Sein Opus 91. Und ein für ihn finanziell höchst erfolgreiches, denn dieses Stück kam wahnsinnig gut an bei Beethovens Wiener Zeitgenossen. Aber auch beim Publikum im Hörsaal 1, in dem das Collegium musicum am Dienstag sein Semesterabschlusskonzert präsentierte.

Durchaus mit theatralischen Momenten: die Flaggen der kriegerischen Truppen prangten an den Wänden – und die Feldtrompeter gifteten einander aus verschiedenen Ecken an, zwischendrin „Rule Britannia“ und ein französischer Marsch. Ein Spektakel, wie es bei diesem Stück sein muss. Das war schon zu Beethovens Zeiten so, berichtete Berthold Warnecke während seiner kurzweiligen und erhellenden Konzerteinführung.

Dann im Anschluss an die donnernden Kanonen Beethovens 7. Sinfonie – wie seinerzeit bei der Uraufführung in Wien. Jürgen Tiedemann und sein Collegium musicum lösten die Spannung des unheiligen Gemetzels. Erst einmal mit schönstem, sonnigstem A-Dur. Das nämlich prägt die ganze Einleitung dieser Sinfonie. Und Kontrabässe und Violoncelli durften sich richtig ins Zeug legen mit ihren fröhlich aufsteigenden Tonleitern, die klingen, als entstünde nach verlorener Schlacht neues Leben. Ein sattes Streicherfundament! Und als es dann so richtig los ging, im Vivace – da wurde ganz schnell klar, dass das gesamte Orchester sein Pulver längst nicht verschossen hatte und wunderbar organische Steigerungen lieferte.

Beethovens Allegretto gehört erst einmal den (sehr ordentlich spielenden) Streichern – bis Klarinetten und das tiefe Holz prominent ihre Stimme erheben, gefolgt von Oboen und Flöten. Tolle Stellen. Die Musik floss und lebte. Erst recht in den Presto-Stürmen des dritten Satzes und im grenzenlosen Jubel des Finales. Da wurde mit Eifer und großem Enthusiasmus musiziert. Und das teilte sich unmittelbar dem Publikum mit. Das reagierte mit rauschendem Beifall.