Klassik mit Theater begeistert in der Stadthalle Hiltrup
von Andreas Hasenkamp, Westfälische Nachrichten, 11. Dezember 2006
Selten bis nie Gehörtes gab es am Samstagabend in der Stadthalle Hiltrup zu hören. Und mehr als angekündigt. Das erste Stück sei „wahrscheinlich noch keinem von ihnen zu Gehör gekommen“, so begrüßte der musikalische Leiter des Collegium Musicum Instrumentale der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, JürgenTiedemann, die gut 300 Gäste.
Das galt für Edvard Griegs „Landerkennung“, ein thematisches Stück des romantischen Norwegers, ebenso wie für Heinrich Hüblers Konzert für vier Hörner. Den Hornisten Roland Göhde, Klaus Andresen, Ute Zöllner und Udo Wegmann gebührt der Verdienst, dieses Werk des außer in Fachkreisen kaum bekannten Komponisten Hübler „ausgegraben“ zu haben, teilte Stephan Schulze, Posaunist und Mit-Organisator des Collegiums mit. Hüblers Konzert für vier Hörner ist mit seinem mehrstimmigen Bläser-Satz ein vielseitiges Werk, entwickelt Motive und lässt die Hornisten als Solisten wie im Zusammenspiel mit dem Orchester zur Geltung kommen. Ein Gewinn, auch dank der Klasse des mit 75 Musikern stark besetzten Orchesters.
Nur das Schönste aus „Hänsel und Gretel“
Waren diese Werke allein schon Grund genug, zu kommen, so gab es nach der Pause noch eine Auswahl aus Engelbert Humperdincks „Hänsel und Gretel“ zu hören und zu sehen. „Wir haben uns beschränkt auf das, was am Schönsten ist“, kommentierte Tiedemann.
Takako Oy sang die zarte Gretel, Christine Bohnenkamp den robusten Hänsel. Beide Sängerinnen haben ihr Gesangsstudium abgeschlossen und unterrichten Gesang an verschiedenen Musikschulen im Münsterland. Sie zeigten auch bemerkenswerte schauspielerische Klasse. So auch die Dritte im Bunde, das „Sandmännchen“ Franziska Perez Mengual. Sie besucht die Klasse 6b des Paulinums. Ein anderer Darsteller war nicht verfügbar, sie sprang ein. Die Szene „Im Walde“ fordert beste Harmonie von Sängerinnen und Orchester; in der Stadthalle fiel diese Gemeinschaftsleistung sehr positiv auf.
Hochklassige Gesangs-Leistung in der Stadthalle Hiltrup
Mitreißend inszenierten Bohnenkamp und Oy das Duett der nach Leben hungernden Kinder in der Szene „Daheim“. Die Bezirksverwaltungsstelle hatte das Collegium in Kooperation mit dem Kulturamt der Stadt Münster nach Hiltrup geholt. Erklärtes Ziel, so Bezirksverwaltungs-Leiter Dieter Tüns, ist es, in der Stadthalle Hiltrup, deren Programm von Kabarett bis – demnächst – Hip Hop-Tanz reicht, wenigstens einmal im Jahr Klassik anzubieten.
Tiedemann lobte die gute Akustik der Stadthalle. Und die Bühne biete mehr Platz als der Hörsaal H1 der Universität. Ganz voll war der Saal bei diesem wie versprochen hochklassigen Konzert dann nicht. Was vielleicht auch am Plakat lag. Nicht falsch, aber auch nicht wirklich treffend kündigte es schlicht ein „weihnachtliches Klassikkonzert“ an. Eine starke Untertreibung: Hier gab es – eben unerwartet – zudem feinstes, begeisterndes Musiktheater auch für die Jüngeren.
Für die gute Mundpropaganda für eine wünschenswerte Wiederkehr einer so überraschungsreichen Klassik dürften die sorgen, die gekommen waren. Ihr Applaus war kräftig. Und auch das Orchester ließ es sich nicht nehmen, die drei Sängerinnen zu feiern.