Dvoraks 8. Sinfonie blühte und grünte
von Christoph Schulte im Walde, Westfälische Nachrichten, 13. Juli 2011
Intensive Probenarbeit ist hörbar. Und intensiv geprobt hat Jürgen Tiedemann mit dem Collegium musicum ganz ohne Zweifel. Sonst wäre am Dienstag im Großen Hörsaal kaum zu erleben gewesen, wie Antonin Dvoraks 8. Sinfonie blühte und grünte, wie ein ganzes Landschaftspanorama entstand, bildhaft in Musik getaucht. Ohne die Eleganz der Streicher hätte es diesen sinnlich strömenden Adagio-Traum nicht gegeben, ohne die Holz- und Blechbläser nicht die vielen Farben und Fortissimo-Gipfel. Einfach fantastisch, mit welchem Sensus sich das ganze Orchester in die so unterschiedlichen Stimmungen hinein versenkte, mal slawisches Pathos, mal urwüchsisch böhmisches Musikantentum. Diese Dvorak-Sinfonie ist das Beste, was das Collegium musicum in den letzten Jahren seinem Publikum beschert hat.
Das Niveau des Ensembles, so der Eindruck an diesem Abend, ist im stetigen Steigflug. Selbst dort, wo eigentlich nur falsche Töne und sonst nichts zu spielen sind. Bernd Alois Zimmermanns „Rheinische Kirmestänze“ haben weniger mit edlen böhmischen Musikanten zu tun als vielmehr mit einer angetrunkenen Blaskapelle. Ein paar Kölsch zu viel – und schon geht da alles drunter und drüber. Ohne Takt und ohne Disziplin. Hauptsache man kommt gemeinsam beim Schlusstakt an! Aber auch diese Kakophonie der heiteren Art will gekonnt in Szene gesetzt sein – wie hier beim „Coll mus“ und seinen 13 solistischen Bläsern. Toll!
Dvoraks Böhmen, Zimmermanns Rheinland – zum Thema Heimat und Idylle hatte auch Gustav Mahler und sein sinfonischer Satz „Blumine“ etwas zu sagen. Nicht affirmativ, sondern wie immer bei Mahler gebrochen und disparat: Natur im Angesicht ihres Vergehens. Das sieht bei Richard Wagner dann wieder ganz anders aus, punktuell zumindest. Sein „Siegfried-Idyll“ ist wirklich eines: Ausdruck friedlicher Harmonie und einer sorglosen Lebensphase, die es für Wagner die längste Zeit seines Lebens gar nicht gab! Hier aber, im Ständchen zum Geburtstag seiner Gattin Cosima, herrscht Sonnenschein, von Jürgen Tiedemann plastisch herausgearbeitet, von Streichern und Bläsern erstklassig umgesetzt. Das Ensemble ist in bester Form, von Tuba bis zur Piccoloflöte.
» Am Donnerstag (14. Juli) kann man sich erneut davon überzeugen, wenn das Programm um 20.15 Uhr im H 1 wiederholt wird. Gesammelt wird dann wiederum für die Tsunami-Opfer in Japan, deren Heimat und Idylle auf lange Zeit zerstört worden ist.