Collegium musicum und Axel Schlosser elektrisieren Publikum
von Christoph Schulte im Walde, Westfälische Nachrichten, 4. Juli 2012
„Wagner war immer auf der Flucht. Wagner war immer in Geldnot. Und Wagner hatte immer Stress mit Frauen.“ Stephan Schulze brachte es knackig auf den Punkt. Der Posaunist und Moderator des Collegium musicum war wie üblich bestens vorbereitet und referierte ohne Manuskript. Und Dirigent Jürgen Tiedemann ließ sein Orchester vor und nach der Pause so kraftvoll wagnern, wi
Klassik und Jazz, das müssen keine Gegensätze sein – meinen jedenfalls die Leute vom Collegium musicum. Und haben damit völlig Recht! Am besten noch, wenn sich beides miteinander in großer Freundschaft verbindet, so wie in dem „Konzert für Jazztrompete und Orchester“, mit dem das CollMus am Dienstagabend im großen Hörsaal sein Semesterabschlusskonzert bestritt, wenn nicht gar krönte. Immerhin gab es eine veritable Uraufführung, zudem in Anwesenheit des Komponisten. Der heißt Ralf Hesse, ist Jahrgang 1972 und zeigte sich schwer beeindruckt von dem, was da so engagiert vom Podium tönte.
Den größten Publikumsjubel heimste Axel Schlosser ein, der Solist, der Solo-Trompeter bei der Bigband des Hessischen Rundfunks ist. Ein toller Mann. Seine unglaubliche Perfektion, die erstaunliche Art, sein Instrument singen, dröhnen, kreischen, säuseln und flüstern zu lassen, war einfach unerhört. Dabei schrieb Hesse ihm gar keine „schräge“ Musik auf den Leib, auch gibt es keine große Show für eine Trompete, im Gegenteil. Mitunter tragen die Klänge minimalistische Züge, der Mittelteil verrät unzweifelhaft, dass der Komponist ein Gustav-Mahler-Fan sein muss. Die Kadenzen des Solisten: Das waren die Momente großer individueller Entfaltung. Insgesamt ein sehr ansprechendes Stück Musik, von Dirigent Jürgen Tiedemann zuverlässig organisiert.
Klassik und Jazz – diese Schubladen passen erst gar nicht für George Gershwin. Der Meister hat eigentlich nur dies getan: gute Musik geschrieben, sehr gute. Und sehr anspruchsvolle. Aber weil das CollMus auch diesmal wieder in allerbester Spiellaune war, geriet Gershwins „Kubanische Ouvertüre“ gleich anfangs zu einem echten Knaller mit sattem, strahlendem Blech, aber auch spannungsvollen Piano-Tönen der Streicher. Noch mehr davon dann in der „Porgy and Bess“-Suite. Hier kamen sie alle, die Hits aus Gershwins Oper, natürlich auch das elegisch fließende „Summertime“ – zum Verlieben! „I got plenty o’ nuttin’“ war der Einsatz fürs Banjo, irgendwann zwischendrin wurde man Zeuge eines stürmischen Marimba-Sprints. Und als es dann ganz zum Schluss hieß: „Oh Lawd, I’m on my way“ stand das Orchester so richtig unter Strom und elektrisierte sein Publikum. Dieselbe Energie verspricht die Wiederholung heute um 20.15 Uhr im Hörsaal H 1 am Schlossplatz.