Vom H1 aus geht es in die Elbphilharmoni

von Arndt Zinkant, Westfälische Nachrichten, 18. Januar 2017

Am Dienstagabend griff er im H1 in die Tasten – seine nächsten Stationen werden die Berliner Philharmonie und die frisch eröffnete Elbphilharmonie sein! Das sagt eigentlich schon alles über die pianistische Klasse von Özgyr Aydin.

Am Dienstagabend griff er im H1 in die Tasten – seine nächsten Stationen werden die Berliner Philharmonie und die frisch eröffnete Elbphilharmonie sein! Das sagt eigentlich schon alles über die pianistische Klasse von Özgür Aydin. Das „collegium musicum“ war zu Recht stolz, den Gewinner des renommierten ARD-Musikwettbewerbs von 1997 als Solisten präsentieren zu können. Und das sogar schon zum zweiten Mal. Vielleicht könne er ja für das „collmus“ ein gutes Wort bei der Elbphilharmonie einlegen, witzelte Posaunist Stephan Schulze bei seiner wie üblich famosen Moderation.

Zu hören war russische Seele pur. Erst Alexander Borodins zweite Symphonie, die selten live erklingt, und danach das legendäre erste Klavierkonzert von Tschaikowsky. Hier braucht es einen, der das Kreuz hat, den furiosen Tastenritt des Finales zu stemmen und die Klippen klischeehaften Sentiments zu umschiffen, die dieser Reißer auch aufweist. Der türkisch-amerikanische Virtuose ging den Solopart mit Kraft und durchaus lässigem Legato an, trumpfte weder übertrieben auf noch badete er in „russischer Seele“. Diese Rechnung ging auf.

Wahrhaft faszinierend aber war’s zu hören, wie präzise Dirigent Jürgen Tiedemann seine Truppe mit dem Klavier verzahnte, wie viel Streicherschmelz die Violingruppe aufbot, wie kernig das Blech auftrumpfte. Nicht nur das berühmte Hornthema des Anfangs, sondern der gesamte „Punch“ gelang. Bis auf kleine Unstimmigkeiten zum Finale des Kopfsatzes glückte dieses wahrhafte Konzertieren. Bravo!

War für Borodins Zweite weniger Proben-Schweiß geflossen? Fast meinte man, ein anderes Orchester zu hören. Der innige Streichergesang des schönen Werkes klang hier blasser als bei Tschaikowsky. Und die Holzbläser brachten weder die Präzision noch die Innigkeit auf, mit der sie Özgyr Aydin sekundierten. Viel russische Seele war dennoch zu hören.

Gleichsam als russisches Sahnehäubchen hatten ganz zu Anfang drei Musiker mit Akkordeon, Balalaika und Bass-Balalaika den Hörsaal verzaubert. Ein Schostakowitsch-Walzer bürgte ebenso dafür wie „Midnight in Mos­cow“. Schön!