Mit Rasanz und Fingerfertigkeit

von Chr. Schulte im Walde, Westfälische Nachrichten, 29. November 2016

Sonderkonzert des Collegium Musicum baute eine Brücke zwischen Orient und Okzident

Wie begegnet man dem Fremden, dem Anderen? Am besten, man lernt es kennen! Das passiert in der Musik schon seit etlichen Jahrhunderten und heutzutage erst recht. Auch am Sonntagabend beim Konzert des Collegium Musicum der Uni im Großen Hörsaal, das mit seinem Programm dediziert eine Brücke schlug zwischen Orient und Okzident.

Komponist Thorsten Schmid-Kapfenburg macht das ganz praktisch, indem er den Streichern in seiner Konzertsuite die Ud, eine arabische Kurzhalslaute, als Solo-Instrument hinzugesellt. Muharrem Cenker kann die Ud meisterlich bedienen und verströmte ein Klangkolorit, das manaus europäischer Sicht spontan dem Vorderen Orient zuordnet. Schmid-Kapfenburg verschränkt es stellenweise mit deutscher Spätromantik á la Mahler – eine spannende und durchaus temperamentvoll angelegte Begegnung.

Noch spannender dann das „Melody-Konzert“ des jordanischen Komponisten Mohammed U. Sidiq (Jahrgang 1962). Im Zentrum steht hier das Kanun – un an diesem bemerkenswerten Konzertabend Salah Eddin Maraqa, der just dieses an eine Zither erinnernde und auf seinen Knien liegende Kanun spielte. Und wie! Mit einer kaum für möglich zu haltenden Rasanz und Fingerfertigkeit fegte Maraqa zehn Minuten lang über die Saiten und entlockte ihnen stürmisch drängende, silberhelle Töne. Um zwischendurch aber auch gern mal auf Melancholie umzuschalten, die in Sidiqs Musik durchaus Raum bekommt.

Für Dirigent Jürgen Tiedemann und „sein“ Collegium Musicum dürften solche so gut wie unbekannte und neuen Kompositionen ganz sicher eine Herausforderung gewesen sein. Eine, die das Orchester aber glänzend bewältigte. An Konzentrationsfähigkeit, Spielfreude und – ganz wichtig – sauberer Intonation war kein Mangel. Das spürte man schon in der Ouvertüre zu Mozarts Oper „Die Entführung aus dem Serail“.

Beste Voraussetzungen also auch für die finale Überraschung, das völlig entlegene „Konzerstück“ für vier Hörner und Orchester von Carl Heinrich Hübler. So klingt der „deutsche Wald“ mitten im 19. Jahrhundert! Mit einem Hornquartett (Christian Hoth, Carolin Auditor, Roland Göhde und Michael Thrull) allerfeinster Qualität, das sowohl schmettern als auch singen konnte. Für außereuropäische Ohren dürfte Hüblers Musik wohl etwas „fremd“ klingen. Genau deshalb gehörte sie in dieses Programm.