Hörnerklang und Jägerlatein

von Arndt Zinkant, Westfälische Nachrichten, 10. Juli 2013

Das Collegium musicum hatte mit dem Bratschisten Hermann Menninghaus einen Top-Solisten zur Seite.

Heinrich Heine war genervt. Der „Jungfernkranz“, immer nur der Jungfernkranz! Jener Opern-Ohrwurm begegnete dem Dichter und Gelegenheitsmusikkritiker auf Schritt und Tritt, nachdem Webers „Freischütz“ die deutschen Bühnen 1821 im Sturm erobert hatte. Eine Anekdote, die das Publikum am Dienstag in der Konzertmoderation erfuhr.

Zuvor hatte das Collegium musicum unter Jürgen Tiedemanns Leitung die Freischütz-Ouvertüre gespielt – und dabei den deutschen Wald mit romantischem Hörnerklang und kernigem orchestralen Jägerlatein in den Hörsaal 1 gezaubert. Eine Leistung, mit der sich das „Collmus“ gleich in ansprechender Hochform zeigte.

Die brauchte es auch, um einen Top-Solisten wie Hermann Menninghaus zu begleiten, Solo-Bratschist beim Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks (und zuvor Geiger bei den Berliner Philharmonikern!). „Das Schwerste für Bratsche überhaupt – aber man hört es nicht“, kennzeichnete der Solist das Hindemith-Konzert „Der Schwanendreher“. Mit seiner Mischung aus Archaik und Moderne, Volkstümlichkeit und Raffinesse ist das Stück ein echter Hindemith; insgesamt aber doch sperriger als das, was das studentische Orchester seinen Fans normalerweise kredenzt.

Das kleine Orchester, das Hindemith vorsieht, gruppierte sich um den Zwei-Meter-Mann mit der Bratsche, der sich mit Verve und Virtuosität auf die alten Volksweisen warf. Mit dichter, schier kammermusikalischer Faktur kommen sie daher. Grellen Bläsersatz mit Piccolo-Einwürfen und starken Kontrasten hört man im Finale: „Seid ihr nicht der Schwanendreher?“ Bravos und bombastischer Beifall belohnten zu Recht Hermann Menninghaus, der überdies Zugaben von Bach und Johann Nepomuk Hummel spielte. Was mit dem deutschen Wald begann, endete in den schottischen Highlands. Felix Mendelssohns „Schottische“ Symphonie gelang Jürgen Tiedemann und dem Orchester nicht minder stimmungsvoll, sei es die Brillanz des Scherzos oder die Wehmut im Adagio. Keine musikalische Postkarte, sondern ein ganz klassisch gearbeitetes Meisterstück hatte Mendelssohn seinerzeit verschickt.

Dass das Collmus-Blech die finale Apotheose nicht mehr mit 100 Prozent Power krönte, war nach diesem tollen Abend absolut zu verschmerzen.