Beflügelt vom solistischen Luxus

von Chr. Schulte im Walde, Westfälische Nachrichten, 19. Juli 2018

Dresdner Hornisten beim Collmus-Konzert

Schon vor Wochen rieb man sich verwundert die Augen: das Collegium musicum der Universität, so verkündeten Plakate, spielt zusammen mit vier Hornisten der Staatskapelle Dresden. Wie das? Wie kommen vier Leute aus einem der besten Orchester der Welt zu einem Studierendenorchester nach Westfalen? Da kann man mal sehen, welch glänzende Beziehungen Jürgen Tiedemanns Collegium bis hinauf in Spitzenensembles hat!

Dabei ist niemand besser qualifiziert als das Hornquartett der Staatskapelle, das Konzertstück für vier Hörner und Orchester von Robert Schumann aufzuführen. Immerhin hat der Komponist es Anno 1849 just den traditionsreichen Dresdnern und vor allem deren Hornisten nachgerade auf den Leib geschrieben. Letztere beschäftigten sich damals nämlich just mit neuartigen Ventilhörnern und erkundeten mit ihnen ganz neue Möglichkeiten jenseits der Grenzen, die das Naturhorn bis dahin gesetzt hatte. Chromatische Linien waren auf einmal möglich, auch entlegene Tonarten. Um den Preis etlicher spieltechnischer Klippen, die zu umschiffen bis heute größte Risiken birgt.

Nichts davon bei Zoltán Mácsai, Jochen Ubbelohde, Julius Rönnebeck und Miklós Takács. Im Gegenteil: deren Eleganz und Selbstverständlichkeit im Umgang mit diesem heiklen Stück und vor allem die absolut souveräne Beherrschung ihrer Instrumente machte sofort vergessen, dass dieser Schumannsche Dreisätzer eigentlich ein enormer Kraftakt ist. Auch und gerade in der zart fließenden Romanze mit ihren reichen harmonischen Wendungen. Aber wie die Nobel-Kapelle aus Elbflorenz insgesamt zur Weltspitze gehört, gehören auch die in Münster brillierenden Solisten zum Besten, was man sich wünschen kann.

Und Jürgen Tiedemanns „Collmus“ ließ sich von diesem solistischen Luxus im großen Hörsaal beflügeln. Was hat dieses Orchester in den letzten Jahren doch an Qualität zugelegt. Schumann perlte im schönsten Einverständnis mit den Hörnern, und Antonín Dvořáks Sechste Sinfonie geriet den Akteuren zu einem echten Meisterstück, was rhythmische Präzision, dynamische Schlüssigkeit und unbändige Spielfreude angeht. Paradebeispiel: der aufregende dritte Satz, der „Furiant“, der seinem Namen furios alle Ehre machte. Da sprang der Funke ganz unmittelbar auf das Publikum über. Am Ende großer Jubel für einen fantastischen Konzertabend.